Development and application of a multiscale model for the magnetic fusion edge plasma region
- Entwicklung und Anwendung eines Multiskalenmodells zur Beschreibung des Plasmas in der Randschicht von magnetischen Fusionsanlagen
Hasenbeck, Felix; Kull, Hans-Jörg (Thesis advisor); Reiter, Detlev (Thesis advisor)
Jülich : Forschungszentrum Jülich GmbH, Zentralbibliothek, Verlag (2016)
Buch, Doktorarbeit
In: Schriften des Forschungszentrums Jülich. Reihe Energie & Umwelt 307
Seite(n)/Artikel-Nr.: 188 Seiten : Illustrationen, Diagramme
Dissertation, RWTH Aachen, 2015
Kurzfassung
Der Teilchen- und Energietransport senkrecht zum Magnetfeld in der Plasmarandschicht spielt eine entscheidende Rolle für die Leistung und Lebenszeit von magnetischen Fusionsanlagen. Klassische und neoklassische Theorien für den entsprechenden radialen Teilchentransport unterschätzen diesen um mindestens eine Größenordnung. Drift-Fluid-Modelle, die u. a. mesoskopische Prozesse auf Zeit- und Längenskalen von Mikrosekunden und Zehntelmillimetern beschreiben, erfassen die Charakteristika des radialen Teilchentransportes deutlich besser; Simulationen auf den typischen Zeit- und Längenskalen von Fusionsreaktoren (∼ Sekunde, Meter) sind jedochsehr rechenzeitintensiv. Großskalige Simulationscodes haben verkürzte Rechenzeiten, beinhalten jedoch meist kein adäquates Modell für den radialen Transport.In dieser Arbeit wird ein Multiskalenmodell für die Plasmarandschicht präsentiert, dass das Ziel hat, die Beschreibung des radialen Transportes in großskaligen Codes zu verbessern, indem es die Effekte der gemittelten lokalen Drift-Fluid-Dynamik auf die makroskopischen Prozesse mit einbezieht. Die Multiskalengleichungen basieren auf einem generischen Multiskalenmodell für Fluide und werden mit Hilfe der Braginskii-Annahmen für ein magnetisiertes Plasma mit hoher Stößigkeit und der Annahmen des Modells des B2-Codes (Makroskala) und des Modells der lokalen Version des Drift-Fluid-Codes ATTEMPT (Mesoskala) hergeleitet. Eine kombiniert simultan-sequentielle Kopplungsprozedur für die entsprechenden Codes wird endwickelt. Diese beinhaltet einen Algorithmus zur Bestimmung von statistisch-stationären Zuständen und angemessenen Mittelungsintervallen der Mesoskalendaten.Die Beziehung zwischen meso- und makroskopischer Dynamik wird beispielhaft anhand eines Passiven-Skalar-Systems untersucht. Während die mesoskopischen Prozesse konvektiv sind, konnten Studien zeigen, dass die makroskopische Dynamik für kleine Kubo-Zahlen K << 1 diffusiv ist. Mit Hilfe numerischer Experimente wird hier gezeigt, dass dies auch für große Kubo-Zahlen K >> 1 zutrifft. Für den zugehörigen Diffusionskoeffizienten kann ein analytischer Ausdruck gefunden werden, der mit Abschätzungen aus der Perkolationstheorie übereinstimmt.Das Multiskalenmodell für die Plasmarandschicht und die zugehörige Kopplungsprozedur werden mittels eines eindimensionalen Modellproblems getestet. Für dieses wird die lokale Version des Drift-Fluid-Codes ATTEMPT mit einem 1D-Makro-Code gekoppelt, um die zeitabhängige Entwicklung der flussflächengemittelten Dichte in radialer Richtung in der Plasmarandschicht eines Tokamaks zu bestimmen. Das Referenzsystem ist durch die nicht-lokale Version des ATTEMPT-Codes gegeben, die sowohl meso- als auch makroskopische Prozesse beinhaltet. Die Simulationen mit dem gekoppelten Code-System zeigen, dass die Dichte und der radiale Teilchenfluss der Referenzsimulation reproduziert werden können, wobei der typische Fehler im Bereich von 6 bzw. 22% liegt. Für typische makroskopische Entwicklungszeiten von zehn Millisekunden ist das gekoppelte Code-System um bis zu einen Faktor zehn schneller als die nicht-lokale Simulation. Für einen Randschichtbereich von 30 cm radialer Ausdehnung und einer typischen radialen Profillänge von 5 cm ist ein Beschleunigungsfaktor von 50 realistisch.Das gekoppelte Code-System für ein zweidimensionales, stationäres Problem ist durch die Verbindung des B2-Codes mit der lokalen Version des ATTEMPT-Codes gegeben. Simulationsergebnisse bzgl. der Elektronendichte und -Temperatur für Experimente am Tokamak TEXTOR stimmen mit Messungen innerhalb eines Fehlerintervalls von 5 bis 25% überein. Die selbstkonsistent bestimmten radialen und poloidalen Profile des Diffusionskoeffizienten D fürden radialen Teilchenfluss haben typische Werte von 0.3 bis 0.9 m^2/s und liegen innerhalb eines 10 bis 30-Prozentintervalls der effektiven Diffusionskoeffizienten, die in B2-EIRENE-Simulationen verwendet worden sind, um die simulierten Dichteprofile mit den Messungen in Deckung zu bringen. Die poloidale Abhängigkeit der D-Profile aus den B2-ATTEMPT-Simulationen entspricht dem experimentell bestätigten "Ballooning" des radialen Teilchen-transports, wobei D an der Niedrigfeldseite um bis zu einen Faktor zwei größer ist als an der Hochfeldseite.
Einrichtungen
- Lehrstuhl für Theoretische Physik A und Institut für Theorie der statistischen Physik [135110]
- Lehr- und Forschungsgebiet Theoretische Physik (kondensierte Materie) [135220]
- Fachgruppe Physik [130000]
Identifikationsnummern
- ISBN: 978-3-95806-120-0
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-rwth-2016-013380
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2016-01338